Ist Integration eine Illusion?

von Ulrich Fuchs

Teil 1: Wie Parallelgesellschaften entstehen

Versuche Dir vorzustellen: In Deiner angestammten Heimat bestünde keine Aussicht auf eine einträgliche Arbeit. Hier ist das Leben mühsam. Aber Du hörst: in einem anderen, reicheren Land wären Einwanderer willkommen, und dort würde der Staat auch für jene sorgen, die keine Arbeit haben. Du begibst Dich also in dieses Land, das Du nur vom Hörensagen kennst, obwohl Du zu dessen Kultur und Denkweise keinerlei Beziehung hast.

Dort angekommen, stellst Du fest, dass nicht nur die fremde Sprache, sondern auch die völlig andere Schrift es Dir sehr schwer machen, einen Zugang zu der fremden Lebensweise zu finden. Erleichtert bemerkst Du aber, dass es in jeder größeren Stadt Landsleute gibt, die bereit sind, Dir zu helfen. Jene, die sich schon länger hier niedergelassen haben, betreiben Ladengeschäfte oder Handel und kennen sich im Umgang mit den örtlichen Behörden bereits aus. Von Ihnen erfährst Du, welche Angaben Du machen musst, damit Dir Sozialbezüge gewährt werden, und welche Angaben Du den örtlichen Behörden besser verschweigst.

Die Behörden Deines Gastlands verschaffen Dir eine Unterkunft, und Du erhältst Geldzuwendungen. Deine Bemühungen, eine einträgliche Beschäftigung zu finden, verlaufen allerdings wegen Deiner fehlenden Sprachkenntnisse erfolglos und frustrierend.

Im täglichen Leben kommst Du dennoch auch ohne die fremde Sprache zurecht. Mit Deinen Landsleuten kannst Du ja in Deiner Muttersprache reden und Kontakte anknüpfen. Mit Deinen Freunden in der Heimat bleibst Du über Handy und Internet verbunden, zudem gibt es die Möglichkeit, TV-Kanäle aus Deiner Heimat zu empfangen, und es gibt Kirchen, in denen in Deiner Sprache und Religion gepredigt wird.

Da Du kein dummer Mensch bist, ist Dir allerdings auch bewusst, dass Dein Aufenthalt im Gastland keine legale Grundlage hat. Du bist dort weder asylberechtigt, noch bist Du aus einem Kriegsgebiet geflohen. Du hast das bei der Behörde nur angegeben, um bleiben zu dürfen. Dir ist durchaus bewusst, dass Du betrogen hast. Darum verursacht Dir jeder Kontakt mit Behördenvertretern oder Polizisten ein ungutes Gefühl. Es könnte Komplikationen geben. Du versuchst also, solche Kontakte weitgehend zu vermeiden. Einige Deiner Landsleute haben dazu im Laufe der Zeit funktionierende Strategien entwickelt. An denen orientierst Du Dich.

Dir fällt auf, dass diese Landsleute keine sonderlich hohe Meinung von den Autoritäten ihres Gastlands haben und sich untereinander über deren Gutgläubigkeit lustig machen. Dein anfängliches Erstaunen darüber, wie leicht es ist, sie zu täuschen, wandelt sich im Laufe der Zeit in Verachtung. Diese Verachtung hilft Dir innerlich, die Lügen zu rechtfertigen, mit denen Du Deinen Status als „refugee“ begründet hast. Wer so leichtgläubig ist, sagst Du Dir im Stillen, verdient es nicht anders, als getäuscht zu werden.

An dieser Stelle erfährst Du nun beiläufig, dass Politiker Deines Gastlands von Dir erwarten, Dich zu „integrieren“. Du sollst diese schwierige, fremde Sprache erlernen, Dich mit dieser fremden Kultur vertraut machen, eine berufliche Ausbildung absolvieren, und dann Deinen Lebensunterhalt mit geregelter Arbeit selbst erwirtschaften. Du erkennst: das wird sehr, sehr mühevoll. Wäre es da nicht wesentlich müheloser, wenn Du Dich statt dessen in die „community“ Deiner Landsleute integrierst, die hier ja ebenfalls schon ihr Auskommen gefunden haben, ohne dazu ihre kulturelle Identität aufgeben zu müssen? Sie sprechen, sie handeln, sie beten, sie heiraten, sie denken größtenteils noch so wie in ihrer angestammten Heimat. Ja, sie haben hier sogar schon ganze Stadtviertel geprägt, ähnlich wie „Chinatown“ in San Francisco. Was würde Dir also fehlen, wenn Du Dich bei Deinen Landsleuten integrierst – statt in eine Dir völlig fremde Kultur, in der Du ja unverändert weiterhin als „Migrant“ gelten wirst?

Und dann ist da noch Deine Religion. Von Kind auf hast Du gelernt, wie Du leben musst, damit Gott gefallen an Dir findet, und was für verachtenswerte, unreine Geschöpfe jene sind, die nicht an Gott glauben. In Deinem Heiligen Buch steht, dass es Dir gar nicht erlaubt ist, mit solchen unreinen Menschen Freundschaft zu pflegen, und dass Gott diesen Menschen auferlegt hat, Dir und Deinesgleichen Tribut zu zollen. Denn Du stehst über ihnen, weil Du gläubig bist, und sie nicht. Und vor denen sollst Du Dich also erniedrigen, indem Du Dich „integrierst“? Wenn Du bis hierhin dieses Gedankenspiel nachvollziehen konntest, dann ist Dir gewiss klar geworden, wie Parallelgesellschaften entstehen.

 

 

Teil 2: Unbegrenzte Integration ist eine Illusion

Integration ist eine Illusion, wenn man unbegrenzte Einwanderung fördert, Parallelgesellschaften zulässt und Integration nicht einfordert. Innerhalb einer Parallelgesellschaft, die sich abschottet und dabei stetig wächst, wird es als völlig unnötig empfunden, sich in die Kultur des Gastlands zu integrieren. Hier Integration zu erwarten, ist eine Illusion. Eine Bevölkerungsgruppe innerhalb eines Staates, die einen anderen kulturellen und religiösen Hintergrund pflegt als die einheimische Bevölkerung und davon auch nicht abzurücken bereit ist, stellt ein weitgehend geschlossenes System dar. Das hat nach außen zunächst nur wenig Auswirkungen, solange diese Gruppe noch eine Minderheit darstellt.

Dieser Zustand wird aber nicht von Dauer sein, wenn in der Kultur der Parallelgesellschaft Kinderreichtum als probates Mittel der Alterssicherung angesehen wird. Wo man traditionell kein Rentensystem kennt, sichert man sich für das Alter nun mal über möglichst zahlreiche Nachkommen ab. Das ist in vielen Teilen der Welt so. Bei einer solchen Gegebenheit wird die Parallelgesellschaft binnen weniger Generationen exponentiell anwachsen – und zwar deutlich schneller, als Wohnungs- und Arbeitsmarkt zu wachsen imstande sind. Diese demographische Entwicklung zusammen mit dem Zuzug weiterer Migranten führt weiter zu einem wachsenden Bedarf an Sozialleistungen, Schulen, Kindergärten, Krankenhausplätzen usw.

Auch ein reicher Staat wird am Ende nicht umhin können, entweder die Steuereinnahmen zu erhöhen oder Sozialleistungen zu beschneiden. Verteilungskonflikte sind also vorprogrammiert. Wenn in diesem Fall der Bedarf an Sozialleistungen innerhalb der Parallelgesellschaft höher sein sollte als unter der einheimischen Bevölkerung, die ihrerseits dafür höhere Belastungen zu spüren bekommt, dann bildet sich dadurch ein gesellschaftliches Gefälle, das die kulturelle Kluft weiter vertieft.

Das Gefühl, als Individuum der Parallelgesellschaft als „Bürger zweiter Klasse“ zu gelten und benachteiligt zu sein, führt innerhalb dieser Gruppe zu einem engeren Zusammenhalt. Als besonders empörend wird so ein Gefühl empfunden, wenn man sich wegen seiner Religionszugehörigkeit traditionell als „Gottes beste Gemeinde“ versteht. Das braucht dann nur noch kanalisiert zu werden, um radikalen Bewegungen Zulauf zu verschaffen.

In beiden Gesellschaften innerhalb des so betroffenen Staates wird die Entwicklung dazu führen, dass man die jeweils konkurrierende Kultur als geringerwertig wahrnimmt und das auch zunehmend so artikuliert. Während in einer laizistisch geprägten Kultur solche Diffamierungen durch politisch korrekte Sprachregeln gezügelt werden, gehören sie in einer religiös geprägten Kultur, die sich als Gottes Auserwählte versteht, zum rituellen Vokabular.

Diffamierungen haben immer das Ziel, die Würde der diffamierten Menschen herab zu setzen. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass der nächste Schritt vollzogen werden kann. Wenn Extremisten zur Vernichtung Andersdenkender aufrufen, dann haben sie zuvor stets als ersten Schritt deren Würde rhetorisch vernichtet. Nur da, wo das Opfer zuvor seiner Würde beraubt wurde, läßt sich ein Holocaust bewerkstelligen. Als Katalysator genügt dann das Erscheinen eines „starken Führers“.

Innerhalb einer Parallelgesellschaft, die sich abschottet und dabei stetig wächst, wird es als völlig unnötig empfunden, sich in die Kultur des Gastlands zu integrieren. Ist die Staatsform des Gastlands die Demokratie, dann ist der Zeitpunkt vorhersehbar, an dem die Parallelgesellschaft die Mehrheit stellt. Die einheimische Bevölkerung wird dieser Mehrheit Raum und Stimme einräumen müssen.

Irgendwann gibt es dann eine eingewanderte Staatssekretärin, die öffentlich bekundet, eine spezifische Kultur ihres Gastlands sei jenseits der Sprache nicht identifizierbar.Wer von Integration geträumt hat und erst jetzt erwacht, der hat ganz klar verschlafen.Integration ist eine Illusion, wenn man Parallelgesellschaften zulässt und Integration nicht einfordert.

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