Bürgerversammlung: Was bleibt vom Hessentag?

Aufbruchstimmung – aber auch Defizit von bis zu 7,3 Millionen

Eine Bürgerversammlung zum Thema „Was bleibt vom Hessentag?“ findet am Dienstag, 29. August um 19 Uhr im Ratssaal des Rathauses statt. Schon vorher kann man sagen, dass die Rüsselsheimer Innenstadt vom Marktplatz bis zum Mainufer wieder zum Treffpunkt der Bürger geworden ist. Man kommt regelmäßig zum Boule-Spielen unter den Bäumen des Marktplatzes zusammen oder zum Picknick bei Wein und Salami im Stadtpark. Am Mainufer organisieren Rüsselsheimer Vereine nahezu  jedes Wochenende „Wein am Main“. Dies ist ein Weinprobierstand mit Musik.

Nach jahrzehntelangem Niedergang der Innenstadt, der in eine regelrechte Depression mündete, herrscht jetzt wieder Aufbruchstimmung. Die Bürger identifizieren sich wieder stärker mit Rüsselsheim. Die Vorzüge der Stadt und ihr Potential kommen wieder ins Bewusstsein. Dies ist die Leistung des Oberbürgermeisters Patrick Burkhardt (CDU), die sich nicht nur im Hessentag zeigt. Vielmehr hat er auch schon vorher einige Projekte angestoßen, die bis dahin jahrzehntelang ruhten, insbesondere die Wiedernutzung des Karstadt-Areals und die Ansiedlung eines Hotels mit Brauerei zwischen Rathaus und Maindamm. Wie wir den Schwung der jetzigen Aufbruchstimmung weiter nutzen können, darüber wird die Bürgerversammlung am Dienstag beraten.

Ein gewichtiger Punkt beim Hessentag sind aber auch die Finanzen. Rüsselsheim kann sich keine weiteren Schulden und Defizite leisten. Deshalb hat OB Burghardt auch versichert, dass das Landesfest kein Defizit zurücklassen wird. Mittlerweile ist aber klar, dass es doch ein Millionenminus gibt. Zahlen will der OB nicht nennen. Die Abrechnung brauche Zeit bis Ende 2018. In den sozialen Medien kämpfen die Freunde des OB geradezu um diese Frist. Wer zweifelt, so lange warten zu müssen, wird schon einmal regelrecht mit Schande geächtet. Wir meinen jedoch, dass gerade der Wahlkampf die Zeit ist, in der man die wesentlichen Fragen diskutieren muss. Wozu sonst soll der Wahlkampf dienen?

Also schätzen wir einmal das Defizit. Eine Ursache des Minus sind verschärfte Sicherheitsanforderungen für das Landesfest, die ursprünglich nicht vorhersehbar waren. Hier hat der Landtag vom Chef der hessischen Staatskanzlei, Axel Wintermeyer (CDU), erfahren, dass die Kosten für den Gastgeber Rüsselsheim um 1,5 Millionen über der Planung liegen. Eine andere Ursache des Minus sind unerwartet niedrige Besucherzahlen bei fünf Großkonzerten (Scorpions, Kings of Leon, David Garrett, Peter Maffay, italienische Sommernacht). Die Hessentagsarena fasste 32.000 Besucher. Aus der Zahl der verkauften Karten können wir berechnen, dass insgesamt 115.500 Plätze leer blieben. Bei einem durchschnittlichen Ticketpreis von geschätzt 50 Euro sind dies fehlende Einnahmen von 5,8 Millionen. Der OB gibt nicht bekannt, wie viele Besucher kalkuliert waren, um ohne Defizit dazustehen. Deshalb bedeutet unsere Zahl eine obere Abschätzung für den schlimmsten Fall: 5,8 Mio plus 1,5 Mio für die Sicherheit entspricht 7,3 Mio als obere Grenze des Defizits. Dies sind 200 Euro, die jeder Rüsselsheimer Haushalt im schlimmsten Fall durchschnittlich zahlen muss. Das tatsächliche Defizit dürfte darunter liegen. Allerdings kommen zum Schluss noch die bisher geheim gehaltenen Kosten für die Absage des Rapper-Konzerts hinzu.

Die Frage ist, ob uns der Hessentag diese Summe Wert war. Und was hat der Magistrat unternommen, die Verluste auszugleichen? Gibt es Sparanstrengungen an anderer Stelle? Wir gehen davon aus, dass der Oberbürgermeister auf der Bürgerversammlung auch zu den Finanzen eine Erklärung abgibt.

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