Böllensee unter Hochspannung

Böllensee unter Hochspannung

Die Bürger der westlichen Böllensee-Siedlung sind besorgt wegen zusätzlicher Hochspannungsleitungen, die dicht westlich an ihrem Stadtteil vorbei führen sollen. Die Handlungsoptionen der Stadt ergeben sich durch sachliche Abwägung, nicht durch emotionalen Populismus.

Vergößerung des Umspannwerks

Bei den Leitungen handelt sich um gleich zwei Projekte:

(1) Zum einen wird das bestehende Umspannwerk (Foto) fast auf die doppelte Fläche vergrößert. Es reicht dann bis an den Kurt-Schumacher-Ring. Von dort soll eine neue Hochspannungsleitung nach Süden in Richtung Eselswiese gezogen werden. Diese neue Leitung wird in etwa 100 m Distanz am VfR-Sportgelände der B-Siedlung vorbei führen. Die Distanz zur Wohnbebauung wird ca 200 m betragen. Vorgeschrieben sind eigentlich 400 m Abstand bei neuen Leitungen. Die Erweiterung des Umspannwerks ist genehmigt. Für die neue Leitung wird ein Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums erwartet.

Neue Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung

(2) Unabhängig davon soll eine neue Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) gebaut werden, die Windstrom aus Norddeutschland in die süddeutschen Industriegebiete transportiert („Ultranet“). Die neue Leitung soll ebenfalls westlich der B-Siedlung vorbei nach Süden führen. Die Leitung soll an den bereits bestehenden Masten aufgehängt werden, zusätzlich zu den vorhandenen Wechselstromkabeln. HGÜ ist mittlerweile Stand der Technik. Sie hat den Vorteil geringerer Energieverluste im Vergleich zu konventioneller Wechselstrom-Übertragung. Die HGÜ befindet sich im Genehmigungsverfahren.

Bürgerinitiative gegen Trassenführung

In der Böllensee-Siedlung hat sich eine Bürgerinitiative gegen die Trassenführung gebildet. Kürzlich auf der Sitzung des Bauausschusses konnte sie öffentlichkeitswirksam Stellung beziehen. Leider hatte niemand wirkliche Kenntnis von den biologischen Wirkungen der Hochspannung – weder die Vertreter der BI noch die Politiker. Die BI versuchte dies mit ihrem technischen Wissen zu überspielen. Es ist bekannt, dass von den HGÜ-Leitungen elektrostatische Entladungen ausgehen. Diese erzeugen Ionenwolken, die der Wind forttragen kann. Würden sie ins Wohngebiet gelangen, so die BI, wären die Folgen nicht auszudenken. Erst Recht wenn dann noch Feinstaub hinzukommt …

Wir wissen nichts, stehen aber schon einmal hinter dem Bürger

Die schlimm ausgemalten Gefahren griff dann sofort die grüne Fraktionsvorsitzende Schmitz-Henkes auf. In einer emotionalen Rede an die Wähler betonte sie, die Stadt müsse „ihre eigenen Bürger schützen“. Dies ist aber nichts weiter als blanker Populismus. Nüchtern betrachtet, ist über wirkliche Gefahren nichts bekannt. Man weiß nichts aber steht schon einmal hinter den Wählern.

Kaum wissenschaftliche Literatur

Tatsächlich sind die erzeugten Ionen instabil. Sie rekombinieren von selbst zu neutralen Molekülen. Es fragt sich nur, wie schnell. Angebracht wären hier wissenschaftliche Untersuchungen, die mögliche Gefahren quantitativ evaluieren. Überraschenderweise gibt es jedoch fast keine wisssenschaftliche Literatur über die biologische Wirkung der Hochspannung. Dies ist auch der überhasteten Energiewende geschuldet, worauf CDU-Sprecher Michael Ohlert richtig hinwies.

Sachlicher Lösungsansatz

Mit emotionalem Populismus lässt sich das Milliardenprojekt einer Stromtrasse sicher nicht planen. Andererseits gilt es aber, besonders vorsichtig zu sein, wenn nichts wirklich bekannt ist über die Wirkung der elektromagnetischen Felder. Wir müssen also dafür sorgen, dass die Leitungen so weit westlich der Siedlung verlaufen wie möglich. Dafür gibt es eine Chance.

Bei neuen Hochspannungsleitungen muss ein Abstand zu Siedlungsgebieten von 400 m eingehalten werden. Bei bestehenden Trassen gilt diese Vorschrift nicht. Gelten die neuen Leitungen als Ergänzung der alten, so dürfen sie in der Nähe der B-Siedlung verlaufen. Verstehen wir das HGÜ-Projekt aber als neue Leitung, so ist der 400 m Abstand einzuhalten. Das ist der Knackpunkt. Wir müssen den Gesichtspunkt der neuen Leitung einbringen in das Planfeststellungsverfahren. Stadtrat Kraft hat diese Position auf der Ausschuss-Sitzung vertreten.

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