Wer soll Oberbürgermeister werden?

Teil 2: Patrick Burghardt oder Joachim Walczuch?

In den letzten Jahrzehnten ist Rüsselsheim immer weiter heruntergewirtschaftet worden. Immer neue Schulden wurden bei der Stadt mit ihren Eigen- und Nebenbetrieben angehäuft. Gleichzeitig wurde die Erhaltung der Infrastruktur vernachlässigt. An Schulen, Kitas, Sporthallen, Schwimmbädern, Straßen ist dadurch ein gewaltiger Investitionsstau entstanden. Am deutlichsten sichtbar ist der Tiefpunkt der Stadtentwicklung an der heruntergekommenen Innenstadt südlich des Marktplatzes. Der jahrzehntelange Niedergang mündete in eine regelrechte Depression bei Bürgern und Politikern.

Das Kunststück, diese Stimmung zu wenden, schaffte der amtierende Oberbürgermeister Patrick Burghardt. Er zeigte an einzelnen Projekten, dass eine Wende möglich ist. So gelangte die Karstadt-Ruine auf sein Betreiben in den Besitz der städtischen Gewobau. Damit kann das Areal nun nach 17 Jahren des Leerstandes endlich wieder überbaut werden. Auch die Brache auf dem Filetgrundstück zwischen Rathaus und Maindamm, die 70 Jahre lang bestand, beendete Burghardt. In Kürze wird dort ein Hotel mit Hausbrauerei eröffnen. Insbesondere holte Burghardt den Hessentag in die Stadt. All dies mündete in eine Aufbruchstimmung, die es jetzt geschickt zu nutzen und zu erhalten gilt.

Die Achillesferse des amtierenden OB ist jedoch die Finanzpolitik. Burghardt, der gleichzeitig Kämmerer ist, hat kein Konzept, wie Ausgaben und Einnahmen der Stadt ins Gleichgewicht gebracht werden können. Der Etat 2017 sieht zusätzlich zu allen schon vorhandenen Schulden nochmals ein Defizit von mehr als 12 Millionen vor. Unter diesen Umständen fordert die Regierungspräsidentin als Aufsichtsbehörde die Einführung einer Straßenabgabe. Diese zusätzliche steuerartige Abgabe, die einen durchschnittlichen Haushalt in Rüsselsheim mit etwa 400 Euro jährlich belasten würde, hat das Stadtparlament schon dreimal abgelehnt. Trotzdem behauptet der Oberbürgermeister immer wieder, die Abgabe sei gesetzlich erforderlich. Jetzt zwingt er das Parlament noch ein viertes Mal über die gleiche Angelegenheit abzustimmen. Er verschweigt dabei die Alternative: Ein Konsolidierungsplan des Kämmerers selbst. Dazu hätte er 9 Monate Zeit gehabt, denn die Forderung der Regierungspräsidentin stammt vom Dezember 2016. In dieser ganzen Zeit hat er keine Sparmaßnahmen entwickelt.

Zur Entlastung des CDU-OB muss man wissen, dass die anderen etablierten Parteien SPD und Grüne erst recht nicht konsolidieren wollen. Würde der OB unter diesen Umständen tiefgreifende Sparmaßnahmen fordern, würden SPD und Grüne die betroffenen Bürger im Wahlkampf sofort gegen den OB und Kämmerer mobilisieren. Es ist aber nun einmal die Aufgabe des Kämmerers, beim Sparen voranzugehen und ein ausgewogenes Konzept vorzulegen.

Wenn die etablierten Parteien CDU, SPD und Grüne den Haushalt nicht in Ordnung bringen können oder wollen, ist es Zeit, eine neue Partei in Betracht zu ziehen. In Rüsselsheim ist die neue bürgerliche Protestpartei „Wir sind Rüsselsheim“ (WsR) mit fünf Stadtverordneten (von 45) im Parlament vertreten. WsR ist aus einer Reihe von Bürgerinitiativen entstanden. Eine davon hat beispielsweise den Erhalt der Königstädter Gerhard-Hauptmann-Schule in einem Bürgerentscheid erzwungen. Der Vorsitzende von WsR, Joachim Walczuch, kandidiert nun als Oberbürgermeister. Walczuch sagt klar, dass er die Steuern und Abgaben zu Lasten der Bürger nicht mehr erhöhen will. Der Haushalt muss auf der Ausgabenseite der Stadt konsolidiert werden. Kommunale Aufgaben müssen begrenzt und zurückgefahren werden. Zur allmählichen Wiederherstellung der Infrastruktur muss ein Gesamtplan aller erforderlichen Maßnahmen entwickelt werden. Dann müssen Prioritäten gesetzt werden, die dann nach Wichtigkeit in dem Maße abgearbeitet werden, wie es ein ausgeglichener Haushalt zulässt.

Zusammengefasst gesagt, ist Patrick Burghardt der Macher, der mit einzelnen Projekten das Image der Stadt hebt. Joachim Walczuch ist der Planer, der mit einem Gesamtkonzept die großen Aufgaben angeht, nämlich Abbau der Verschuldung und Wiederaufbau der Infrastruktur.

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