Hessentag – gut für Rüsselsheim?

Morgen (9. Juni) wird der Hessentag durch Ministerpräsident Volker Bouffier und Oberbürgermeister Patrick Burghardt feierlich auf dem Marktplatz in Rüsselsheim eröffnet. 1500 Veranstaltungen warten auf die Rüsselsheimer und ihre Gäste. Dafür haben mehrere hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt über ein Jahr lang gearbeitet. Tausende Bürger haben sich ebenfalls an den Vorbereitungen beteiligt, beispielsweise um ihren Verein zu präsentieren. So haben die Winzerfreunde ihren Weinberg zu einem gemütlichen Weinprobierstand hergerichtet. Wir sind auf den Hessentag gespannt und freuen uns.

Angesichts des derzeitigen Zustands der Rüsselsheimer Innenstadt fragen wir uns allerdings, was ausgerechnet für Rüsselsheim als Austragungsort des Landesfests gesprochen hat. Nach Jahrzehnten des Niedergangs der Innenstadt gibt es heute in Teilbereichen durchaus wieder Fortschritt. So wird für die Karstadt-Ruine und ihre Umgebung ein städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben, um die beste Lösung für eine Überplanung zu finden. Auf der Brache zwischen Rathaus und Maindamm wird ein Hotel mit Gasthausbrauerei gebaut. Von der erhöhten Terrasse aus kann man bald den Blick auf den Main bei einem kühlen Bier genießen. Diese Entwicklung in Teilbereichen der Innenstadt ist Oberbürgermeister Burghardt zu verdanken. Bis die Stadtmitte wieder eine Zentrumsfunktion als Treffpunkt der Bürger wahrnehmen kann, muss allerdings noch vieles hinzukommen. Eigentlich wäre der richtige Zeitpunkt für einen Hessentag in Rüsselsheim erst, wenn sichtbare Erfolge einer Revitalisierung der Innenstadt zu präsentieren sind. Die Wahl Rüsselsheims als Austragungsort 2017 basiert nicht auf einer aktuellen Beispielfunktion Rüsselsheims. Sie entspringt vielmehr politischem Kalkül. Der Oberbürgermeister möchte am 24. September wiedergewählt werden und kalkuliert, durch die Feststimmung zum Sieg getragen zu werden. Dies ist legitim aber wenig elegant.

Leider wird der Hessentag auch mit einem Defizit für Rüsselsheim ausgehen. Geplant war eigentlich ein kostenneutrales Ergebnis – zumindest wenn man die erhebliche Arbeitszeit der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mit einberechnet. Im März kam allerdings die erste Teuerungsmeldung. Es wurde bekannt, dass der Hessentag wegen erhöhter Sicherheitsanforderungen um 354.000 € teurer wird. Das ist bei einem Gesamtbudget des Landesfests von gut 16 Millionen noch nicht dramatisch. Man hätte im März auch noch gegensteuern können, indem man (1) an anderer Stelle spart, (2) mehr Sponsoren aquiriert oder (3) einen höheren Landeszuschuss beantragt. Leider hat der Oberbürgermeister im Stadtparlament keinerlei derartige Aktivitäten erkennen lassen. Vielmehr erklärte er, das Defizit könne auch 1 Million betragen. Kürzlich räumte er im Interview mit der Frankfurter Rundschau sogar ein Defizit von 1,5 bis 2 Millionen „allein für das Thema Sicherheit“ ein. Dies ist fatal, wenn keine Gegenmaßnamen ergriffen werden. Der Haushalt Rüsselsheims ist sowieso schon prekär. Der Konsolidierungsbedarf für das Jahr 2017 beträgt laut Haushaltsentwurf bereits 13 Millionen. Nach dem Hessentag sind es circa 15 Millionen. Rechnen wir mit 30.000 Steuerzahlern in Rüsselsheim, so kommen damit 500,- Euro Schulden auf einen durchschnittlichen Steuerzahler – und dies nur für 2017.

Wir wollen das Fest nicht vermiesen. Jetzt ist Zeit zum Feiern. Wir müssen allerdings auch an die Zeit danach denken.

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